Schlüsselmomente einer Karriere: Und dann änderte sich alles

Dieser Artikel erschien zuerst am 9.03.2025 in der WirtschaftsWoche.

Ich hatte mitten im Oktober 2015 einen Tag Urlaub genommen von meinem Job als Presseattachée an der schwedischen Botschaft in Berlin. Mit meinem ehemali- gen Kollegen Christian Berg war ich nach Stockholm geflogen. Der schwedische Unternehmer Sven Hagströmer hatte uns um eine Einschätzung gebeten, wie ein Engagement seiner AllBright Stiftung, die sich für mehr Frauen in den Führungspo- sitionen von Unternehmen einsetzt, in Deutschland aussehen könnte.

Was wir für einen ersten Termin in ei- nem langen Entscheidungsfindungspro- zess hielten, entpuppte sich als etwas ganz anderes: Wir waren noch nicht ganz fertig mit unserer Präsentation, als Sven plötz- lich aufstand, die Hand über den Tisch streckte und enthusiastisch sagte: „In Ordnung, Freunde, so machen wir das, ihr übernehmt zusammen die Geschäftsführung, ich garantiere die Finanzierung für die ersten beiden Jahre, und ihr macht was draus. Im Januar geht’s los!“

Völlig überrumpelt hatte ich instinktiv eingeschlagen – und im gleichen Moment wurde mir schlecht. Ich hatte drei kleine Töchter zu Hause und mich mit meinem Mann ja überhaupt noch nicht dazu beraten können, wie das eigentlich gehen sollte.

Drei Monate später haben wir die AllBright Stiftung in Deutschland gegründet. Bereut habe ich den Händedruck bis heute nie. Er hat dazu geführt, dass mein Mann und ich inzwischen der 50:50-Aufteilung zu Hause einen großen Schritt nähergekommen sind. Vor allem aber: Aus dem Ministerium war ich so etwas wie Svens Begeisterung und Tempo nicht gewöhnt. Nie wieder möchte ich das missen! Es ging raus aus der Bürokratie, rein ins Social Entrepreneurship. Raus aus dem großen Apparat und rein in den Aufbau einer kleinen schlagkräftigen NGO. Es ist ein Abenteuer, bei dem es immer noch so viel zu lernen gibt. Ich kann wirklich nicht sagen, ob ich damals mit einer Woche Bedenkzeit auch zugesagt hätte. Es war familienorganisatorisch nicht ganz einfach, und es drängte mich auch nicht sehr, selbst eine Organisation zu führen. Heute kann ich mir kaum noch etwas anderes vorstellen. Manchmal ist es einfach besser, erst ja zu sagen – und dann nachzudenken.

Marie Zeisler