Können nur Olivers die deutsche Autoindustrie retten?

Was für ein Rückschritt! Mercedes Benz verabschiedet zwei seiner drei Frauen vorzeitig aus dem Vorstand und ersetzt sie mit Männern. Ausgerechnet der Konzern, der in den letzten Jahren so selbstverständlich einen gut gemischten Vorstand vorgelebt hat. Der Konzern, von dem ich tatsächlich gedacht hatte, er meine es ernst mit gemischter Führung. Offenbar nicht ernst genug für die Krise.

Mit dieser Personalentscheidung wird laut Pressemitteilung „die konsequente Transformation des Unternehmens fortgesetzt“. Transformation wohin? Etwa zurück zur männlichen Führung?

Es ist Krise, der Vorstand wird umgebaut, es braucht neuen Drive und neue Ideen. So weit, so nachvollziehbar. Was aber nicht nachvollziehbar ist: Es ist Krise und Diversität ist wieder das Erste, was über Bord geht. Das haben wir schon einmal gesehen, nämlich zu Beginn der Corona-Zeit, als der Frauenanteil in den DAX-Vorständen erstmals gesunken ist. Dann wird wieder voll auf die vermeintlich sichere Karte gesetzt: Männer.

Wer erscheint entbehrlich, wenn es drauf ankommt? Die Frauen. Und wer kommt neu ins Team von Ola (eine schwedische Variante von Olaf)? Na klar, ein weiterer, etwas jüngerer Olaf. Und ein Oliver, wie es sich für einen deutschen Autobauer gehört – auch bei Volkswagen, Porsche und BMW steht schließlich ein Oliver an der Spitze.

Die deutsche Automobilindustrie ist so deutsch, so männlich, so veränderungsresistent wie keine andere Branche. Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen: sie alle setzen 2024 auf eine einzige (gesetzlich vorgeschriebene) Frau im überdurchschnittlich großen Vorstand.

Transformieren heißt mehr als Geschäftsfelder neu ordnen. Transformieren heißt auch, endlich auf 100 Prozent der Talente setzen, auf der Höhe der Zeit ankommen. Frauen in der Unternehmensführung gelten weltweit als guter Indikator für die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen. Da war Mercedes schon mal weiter.

Die “Chefinnensache'“-Kolumne von AllBright-Co-Geschäftsführerin Wiebke Ankersen erschien am 15.01.2025 beim RND.

Marie Zeisler