Mütter und Teilzeitarbeit: Achtung, Falle

Mütter in Deutschland arbeiten deutlich häufiger in geringer Teilzeit als Frauen in Schweden, England oder Frankreich. Zwar begünstigt das deutsche Steuer- und Abgabensystem die traditionelle Rollenaufteilung, analysiert Wiebke Ankersen in der Kolumne „Chefinnensache“. Die Risiken für Frauen aber sind groß.

Warum machen die das? Freiwillig?! Haben die denn ihre Rente nicht im Blick? Wollen die nicht mitbestimmen? – verblüffte Fragen einer Gruppe Schwedinnen in unserem Büro, als sie hören, wie viele gut ausgebildete Frauen in Deutschland in geringer Teilzeit arbeiten.

Karrierewege und Einkommen von Männern und Frauen in Deutschland gehen mit der Geburt von Kindern deutlich auseinander: Ein großer Teil der Frauen verlagert dann den Lebensschwerpunkt ins Private, kümmert sich um die Kinder und überlässt das Geldverdienen und Mitbestimmen im Wesentlichen den Männern. Auch Französinnen oder Britinnen ziehen da ungläubig die Augenbrauen hoch. Warum?

Natürlich lockt das deutsche System mit Ehegattensplitting, kostenloser Mitversicherung in der Krankenkasse und steuerfreien Minijobs Frauen systematisch in die Teilzeitarbeit. Und natürlich begibt sich, wer liebt, immer in eine Art Abhängigkeit, als Familie ist man eine Gemeinschaft. Dazu kommt eine starke Erwartungshaltung. Aber ökonomische Abhängigkeit und Verzicht auf gesellschaftliche Mitwirkung – in diese Falle müssen gut ausgebildete Frauen 2024 nun wirklich nicht mehr tappen.

Kinder brauchen ihre Väter, Wirtschaft und Gesellschaft brauchen das Engagement der Frauen. Von einer partnerschaftlichen Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit profitieren alle.

Altersarmut in Deutschland ist überwiegend weiblich

Die Beziehung bleibt ja nicht unberührt davon, dass einer sehr viel mehr verdient als der andere. Es schwingt immer mit, wer den wichtigeren Job hat und auf wen im Zweifel mehr Rücksicht genommen wird. Vier von zehn Ehen werden geschieden, und Frauen müssen nach der Scheidung recht schnell wieder selbst für ihren Unterhalt sorgen. Das Niveau der Vollzeitkarriere des Partners zu erreichen, ist für sie nach Jahren des beruflichen Zurücksteckens oft völlig unmöglich. Altersarmut in Deutschland ist überwiegend weiblich.

Für die Schwedinnen in unserem Büro war ganz klar: Sie würden ihre Windeln wechselnden Männer, ihre Selbständigkeit und ihre Gestaltungsmacht freiwillig nie wieder hergeben.

Die “Chefinnensache'“-Kolumne von AllBright-Co-Geschäftsführerin Wiebke Ankersen erschien am 01.10.2024 beim RND.

Marie Zeisler